Aus Süddeutscher Zeitung: Samstag, 28. Oktober 2000

DIE ANGST VOR DER GEWALT
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Warum ein Oi-Festival kurzfristig abgesagt wurde

In den meisten Veranstaltungskalendern ist es noch angekündigt, aber stattfinden wird es nicht: Das "1. Skull-Concerts Oi!-Festival", geplant für die Elserhalle, dann ins Colosseum im Kunstpark Ost verlegt, ist von Kunstpark-Betreiber Wolfgang Nöth abgesagt worden, da er "nicht für die Sicherheit auf dem Gelände garantieren" könne und "kein Forum für irgendwelche politisch motivierten Auseinandersetzungen bieten" wolle. Das klingt, einerseits, verständlich: Oi, als etwas härtere, besonders bei Skinheads beliebte Spielart des Punkrock, lockt stets auch Glatzköpfe aus der rechten Szene an - auch wenn keine rechts orientierten Bands spielen. Die Gefahr von gewalttätigen Auseinandersetzungen besteht also, auch wenn ein erfahrener Ordner dazu anmerkt, "dass es auf dem Oktoberfest im Vergleich wesentlich schlimmer zugeht".
Auch Veranstalter Stefan Riedl von Skull-Concerts ist sich dieser Problematik bewusst, doch er wundert sich, "dass dieses Festival wenige Tage vor dem geplanten Termin abgesagt wird, obwohl die Bands und das ganze Drumherum seit mindestens sechs Wochen feststehen und wir für die Sicherheit mit eigenen Ordnern gesorgt hätten. " Zudem hatte die Band Springtoifel aus Mainz, Hauptattraktion des Abends, die Rahmen-bedingungen in einer E-Mail an die Veranstalter abgesteckt: "Weise Deine Ordner an, dass niemand zu der Halle Zutritt hat, der sich irgendwie durch T-Shirts, Aufnäher, Anstecker oder sonstige einschlägige Zeichen als Fascho zu erkennen gibt. Wer Randale anfängt oder sich daran beteiligt, (. . .) fliegt raus. " So viel Vorsicht erscheint Nöth allerdings suspekt: "Als ich dieses Schreiben gesehen habe, ist mir erst die Dimension der Veranstaltung bewusst geworden. Wenn man sich gegen solche Vorkommnisse versichern muss, ist ja wohl klar, was passiert. "Diese Begründung klingt nun, andererseits, verwunderlich, denn der Text der Springtoifel-Mail gleicht fast aufs Wort den Bedingungen, die die Böhsen Onkelz, erfolgreiche Metal-Band mit rechtsradikaler Oi-Vergangenheit, bei ihren Konzerten stellen - und in München hat Nöth ihre Auftritte veranstaltet. Zudem traten vor kurzem im Metropolis, ebenfalls Kunstpark Ost, die Londoner Oi-Veteranen Cockney Rejects auf, deren Mitglieder über lange Jahre als Hooligans unterwegs waren. Offensichtlich legt man im Kunstpark-Management also verschiedene Maßstäbe an. Die Folgen sind so oder so unangenehm: Veranstalter Riedl bleibt auf 12.000 Mark Auslagen sitzen, und wegen der kurzfristigen Absage werden am Samstag potenzielle Festival-Besucher frustriert durch den Kunstpark ziehen - was die Sicherheitslage nicht eben bessert.
JÖRG SCHALLENBERG Titel SZ vom 28.10.2000 -
Münchner Kultur siehe auch Datum Seite Ressort Kolumne Größe 31.10.2000 Bayern Seite 24 Münchner Kultur
Quelle: Süddeutsche Zeitung Titel: Mea Culpa Im Bericht über die Absage des "1. Skull-Concerts Oi!-Festival" war zu lesen, Wolfgang Nöth habe Konzerte der Böhsen Onkelz und Cockney Rejects veranstaltet. Nöth hat diese ... SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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