Aus
Süddeutscher Zeitung:
Samstag, 28. Oktober 2000
DIE
ANGST VOR DER GEWALT
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Seite 24
Warum ein Oi-Festival kurzfristig abgesagt wurde
In den meisten Veranstaltungskalendern ist es noch angekündigt,
aber stattfinden wird es nicht: Das "1. Skull-Concerts Oi!-Festival",
geplant für die Elserhalle, dann ins Colosseum im Kunstpark Ost
verlegt, ist von Kunstpark-Betreiber Wolfgang Nöth abgesagt worden,
da er "nicht für die Sicherheit auf dem Gelände garantieren" könne
und "kein Forum für irgendwelche politisch motivierten Auseinandersetzungen
bieten" wolle. Das klingt, einerseits, verständlich: Oi, als etwas
härtere, besonders bei Skinheads beliebte Spielart des Punkrock,
lockt stets auch Glatzköpfe aus der rechten Szene an - auch wenn
keine rechts orientierten Bands spielen. Die Gefahr von gewalttätigen
Auseinandersetzungen besteht also, auch wenn ein erfahrener Ordner
dazu anmerkt, "dass es auf dem Oktoberfest im Vergleich wesentlich
schlimmer zugeht".
Auch Veranstalter Stefan Riedl von Skull-Concerts ist sich dieser
Problematik bewusst, doch er wundert sich, "dass dieses Festival
wenige Tage vor dem geplanten Termin abgesagt wird, obwohl die Bands
und das ganze Drumherum seit mindestens sechs Wochen feststehen
und wir für die Sicherheit mit eigenen Ordnern gesorgt hätten. "
Zudem hatte die Band Springtoifel aus Mainz, Hauptattraktion
des Abends, die Rahmen-bedingungen in einer E-Mail an die Veranstalter
abgesteckt: "Weise Deine Ordner an, dass niemand zu der Halle Zutritt
hat, der sich irgendwie durch T-Shirts, Aufnäher, Anstecker oder
sonstige einschlägige Zeichen als Fascho zu erkennen gibt. Wer Randale
anfängt oder sich daran beteiligt, (. . .) fliegt raus. " So viel
Vorsicht erscheint Nöth allerdings suspekt: "Als ich dieses Schreiben
gesehen habe, ist mir erst die Dimension der Veranstaltung bewusst
geworden. Wenn man sich gegen solche Vorkommnisse versichern muss,
ist ja wohl klar, was passiert. "Diese Begründung klingt nun, andererseits,
verwunderlich, denn der Text der Springtoifel-Mail gleicht fast
aufs Wort den Bedingungen, die die Böhsen Onkelz, erfolgreiche Metal-Band
mit rechtsradikaler Oi-Vergangenheit, bei ihren Konzerten stellen
- und in München hat Nöth ihre Auftritte veranstaltet. Zudem traten
vor kurzem im Metropolis, ebenfalls Kunstpark Ost, die Londoner
Oi-Veteranen Cockney Rejects auf, deren Mitglieder über lange Jahre
als Hooligans unterwegs waren. Offensichtlich legt man im Kunstpark-Management
also verschiedene Maßstäbe an. Die Folgen sind so oder so unangenehm:
Veranstalter Riedl bleibt auf 12.000 Mark Auslagen sitzen, und wegen
der kurzfristigen Absage werden am Samstag potenzielle Festival-Besucher
frustriert durch den Kunstpark ziehen - was die Sicherheitslage
nicht eben bessert.
JÖRG SCHALLENBERG Titel SZ vom 28.10.2000 -
Münchner Kultur siehe auch Datum Seite Ressort Kolumne Größe 31.10.2000
Bayern Seite 24 Münchner Kultur
Quelle: Süddeutsche Zeitung Titel: Mea Culpa Im Bericht über die
Absage des "1. Skull-Concerts Oi!-Festival" war zu lesen, Wolfgang
Nöth habe Konzerte der Böhsen Onkelz und Cockney Rejects veranstaltet.
Nöth hat diese ... SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche
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